Impressionen einer Bergwoche

Es mag etwas verstörend sein, im Juni plötzlich im Schnee zu landen – zumal Deutschland gerade die heißeste Woche des bisherigen Jahres hinter sich hatte. Und auch noch den Besuch des US-Präsidenten. Doch Schnee und Eis üben schon immer eine Faszination auf mich aus, sodass ich im Grund ganz froh war, Schneeflocken auf mich niederrieseln zu spüren.

Noch mehr freute mich der Wetterumstand, da ich einen Tag in überhitzten Zügen hinter mir hatte. Eigentlich hatte ich vorgehabt, den Postbus von Kitzbühel nach Matrei in Osttirol zu fahren. Doch die Felberttauernstraße ist gerade wegen eines Erdrutsches gesperrt. So musste ich eine kleine Reise durch Österreich unternehmen. Statt der 1 1/4 Stunden über einen Berg brauchte ich nun etwa 6 1/2 Stunden: Kitzbühel – St. Johann in Tirol – Saalfelden – Zell am See – Schwarzach-St. Veit – Spittal-Millstätter See – Lienz in Osttirol – Matrei in Osttirol. Puh. Von dort ging es dann mit dem Venedigertaxi noch über Hinterbichl bis zu Johannishütte.

Johannishütte

Die Johannishütte am 23.06.2013

Das Wetter hat noch andere Vorteil: die Kontraste…

Eisschraube

Kontraste hin oder her. Zu sehen ist an dieser Mammut-Eisschraube nicht, dass der Karabiner rot ist. Aufgestellt wurde das Werk im Jahr 2009.

… und natürlich die Gemütlichkeit auf der Hütte, wie diese vierköpfige Gesellschaft zeigt. Allerdings: Ganz so kuschelig war es bei uns nicht – diese zweideutigen Blicke habe ich auch nicht bemerkt.

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Und Eis ist natürlich notwendig, damit dieser ganze mitgeschleppte Kram zum Einsatz kommen kann: Schnüre, Seile, Bandschlingen, Karabiner, Helme, Klettergurte, Eispickel, Klettersteigsets, Steigeisen.

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Als es dann endlich losgeht, ist die Freude groß. Hier bin ich direkt unter dem Türmljoch zu sehen. Ein kurzer, aber steiler und versicherter Klettersteig führt auf den felsigen Gipfel.

Türmljoch

Rechts geht es hoch zum Türlmjoch, links weiter zum Großen Happ.

Und hier am Defreggerhaus, nachdem wir schon einmal für den Folgetag vorgespurt hatten. Das machte es uns am Donnerstag leichter, schneller voranzukommen.

Defreggerhaus

Das Defreggerhaus liegt auf einer Höhe von 2.963 Metern.

Am Donnerstag stand dann der Großvenediger auf dem Programm. Keine Wolke trübte den Morgenhimmel, der Mond war sogar noch zu sehen. Die Luft war klar, aber nicht zu kalt. Nachdem wir um fünf Uhr aufgebrochen waren, hatten wir das Defreggerhaus um kurz vor acht Uhr erreicht. Unser Bergführer sagte: „Zwei Drittel des Weges habt ihr nun hinter euch. Aber erst ein Viertel der Anstrengung.“ Er hatte damit nur etwas übertrieben.

Defreggerhaus

Blick von Defreggerhaus in Richtung Süden am Morgen des Aufstiegs zum Großvenediger.

Der Gletscher war verschneit, Spalten keine zu sehen. Das Spuren war anstrengend, die Luft wurde mit jedem Meter dünner. Aber egal: Alles geht vorbei und irgendwann hat man es geschafft, auch wenn man bei so manchem Schritt und dem x-ten Mal einsinken denken mag: „Wie soll ich das schaffen?“ Habe ich es nicht sogar einmal laut ausgesprochen?

Großvendiger

Blick vom Großvenediger in Richtung Osten. Der schmale Grat, der kurz vor dem Gipfel noch zu passieren ist, ist hier nicht zu sehen, beginnt aber gleich hinter diesem kleinen Schneehügel vorne im Bild.

Dafür wird man dann auch entlohnt. Inzwischen waren zwar Wolken aufgezogen, doch die befanden sich um etwa 10.45 Uhr unter uns. Kein weiterer Gipfel versperrte uns die Sicht. Ich muss gestehen, da war eine gewisse Erleichterung, dass ich es geschafft hatte, aber keine überschäumende Freude. Nach etwa 10 bis 15 Minuten beschlossen wir auch, direkt wieder abzusteigen. So ein Abstieg ist nicht zu unterschätzen und braucht seine Kräfte und Konzentration. Immerhin waren wir an diesem Vormittag die ersten da oben. Das war schon wunderbar. Das Gefühl habe ich noch jetzt in mir.

Aufstieg zur Kreuzspitze

Der Aufstieg auf die Kreuzspitze – wie wir anfangs dachten..

Ganz anders war das Wetter dann am Freitag. Da wollten wir zur Kreuzspitze. Die Wolken stiegen mit uns auf. „Kein gutes Zeichen“, wie unser Bergführer meinte. Besser wäre es, sie würden sinken. Und noch besser: Sie wären überhaupt nicht erst da. Etwa 100 Meter unter dem Gipfel machten wir uns daher auch auf den Rückweg.

Der letzte und etwas steilere Gipfelgrat wäre zudem zu sehr vereist, wie unser Kapitän der Berge meinte. Ich war etwas enttäuscht darüber. Trotz des Strapazen des Vortrags war ich richtig frisch aufgwewacht, hatte mit Freude dem letzten Tag entgegengesehen. Und dann so kurz vor dem Ziel – die Luft stimmte, die Kraft sowieso. Aber so ist es: Die Sicherheit geht vor. Sie ist tatsächlich das wichtigste.

Großvenediger

Das Bild täuscht: Anders als man meinen mag, ist nicht die felsige Erhebung der Gipfel des Großvenedigers, sondern die verschneite Spitze links im Bild. Sie liegt weiter hinten und erscheint dadurch auch etwas niedriger. Ist sie aber nicht. Aufgenommen wurde das Bild am 28.06.2013 von der Johannishütte aus.

So kamen wir alle wieder unbeschadet ins Ziel und genossen die leckeren Gebäcke auf der Johannishütte: Der warme Schokokuchen ist der absolute Hammer!

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